Das ABC der Kundengewinnung (Teil 12)
Kunden gewinnen durch Netzwerke und Verbände
Wir leben definitiv in der Ära des Netzwerkens. Unser gesamtes wirtschaftliches und privates Zusammenleben scheint plötzlich auf der Basis dieser Beziehungsgeflechte aufgebaut zu sein. Sogenannte Soziale Netzwerke drängen massiv in unseren Alltag und machen uns glauben, dass ohne sie nichts mehr geht. Allein in Deutschland nutzen über 25 Mio. Menschen Facebook, den unangefochtenen Marktführer! Dabei ist der Gedanke, sich zu vernetzen, um gemeinsam Vorteile zu generieren, gar nicht so neu. Bei uns hier in Württemberg gibt es seit Jahrhunderten die erfolgreiche Netzwerkarbeit namens "Vetternwirtschaft", bei guter Vernetzung zwischen Politik und Wirtschaft oder innerhalb der Wirtschaft redet man von "Seilschaft" und dann gibt es ja noch das historische Vorbild moderner Netzwerke: die Burschenschaften und Zirkel. Eines war und ist in allen Systemen jedoch gleich: Sie nutzen nur denen, die wirklich fest integriert sind.
Aber zurück zum Thema Akquisition: ist die erfolgreiche Kundengewinnung außerhalb einer guten Vernetzung heute überhaupt noch möglich? Hierzu sage ich ganz klar: Jein!
Netzwerk ist nicht gleich Netzwerk. Es kommt ganz darauf an, welche Intention und welche Profession man verfolgt. So kann z.B. ein florierendes Soziales Netzwerk wie Facebook für einen Gastronomen oder Dienstleister mit der Zielgruppe Privatkunden ausgesprochen hilfreich bei der Neukundengewinnung (und der Kundenbindung gleichermaßen) sein. Für einen Anbieter von technischen Bauteilen für die Industrie sieht die Sache aber derzeit noch ganz anders aus (wobei sich die Sache gerade ausgesprochen dynamisch entwickelt). Momentan sind hier sicherlich Fachverbände, die sich um die ureigenen Anliegen einer spezifischen Branche kümmern, noch zielführender. Wichtig ist, dass man eng mit potenziellen Kunden, Lieferanten und Mitarbeitern in Kontakt kommt, sich und seine Leistungen bekannt machen sowie seine Kompetenz darstellen kann. Ein direkter Austausch und eine gewisse Zurschaustellung der eigenen Kompetenzen gehören heute einfach zum Handwerk – und da bieten Verbände und Netzwerke durchaus eine geeignete Plattform. Im Ernstfall kann eine professionelle Beratung, z.B. durch eine Unternehmensberatung wie modus_vm, helfen, die richtige Strategie einzuschlagen und Irrwege zu vermeiden.
Differenzierung Netzwerke und Verbände
Bevor ich hier die aus meiner Sicht wichtigsten Unterscheidungsmerkmale benenne, will ich ganz kurz noch auf eine Organisationsform verweisen, die je nach individueller Ausprägung mehr oder weniger deutliche Ähnlichkeit mit Netzwerken und Verbänden hat: Kooperationen. Diese spezielle Art der unternehmerischen Zusammenarbeit habe ich bereits am 15. November 2012 mit einem eigenen Artikel in dieser Serie beschrieben.
Netzwerke
Netzwerke sind in der Regel flach organisiert und leben vom Miteinander mehrerer oder vieler Akteure auf Augenhöhe, d.h. ohne hierarchische Strukturen. Genau dies macht auch den Reiz für viele Mitwirkende aus, denn man begegnet sich in Netzwerken ohne Vorbehalte und hat direkten Nutzen von den Fähigkeiten oder Angeboten der Partner. In Netzwerken kann man sowohl im Einkauf, der Forschung, der Produktion, der Personalbeschaffung ... als auch im Vertrieb dadurch profitieren, eine größere, schlagkräftigere Einheit zu bilden. Professionelle Netzwerke von Unternehmen (vornehmlich kleinerer Unternehmen bis hin zu Freiberuflern) bilden oft das ab, was größere Unternehmen in ihren Organisationsstrukturen statisch als umfassendes Leistungsportfolio vorhalten. Bei der Kundengewinnung helfen Netzwerke durch Außen- und Innenwirkung. Außenwirkung: Durch gelebte Netzwerkpartnerschaften verfügt der Einzelne über erweiterte Fähigkeiten oder Kapazitäten und kann somit dem potenziellen Auftraggeber einen echten Mehrwert anbieten. Innenwirkung: Als verlängerte Werkbank hat jeder Netzwerkpartner die potenzielle Chance, bei Projekten/Aufträgen eines anderen Netzwerkpartners mit hinzugezogen zu werden – Neukundengewinnung quasi aus der Substanz des Netzwerkes heraus. Die Kombination dieser beiden Wirkungen macht professionelle Netzwerke bei der Neukundengewinnung sehr attraktiv.
Beispiel: Als Unternehmensberater mit der klaren Spezialisierung auf Marketing, Vertrieb und Kommunikation bin ich im Rahmen des IBWF-Beraternetzwerkes (www.ibwf.org) bundesweit mit weiteren zertifizierten Unternehmensberatern anderer Spezialisierungen, mit Patentanwälten, Rechtsanwälten, Notaren, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern verbunden. Insgesamt über 800 Partner stehen mir also zur Verfügung bezüglich ihrer spezifischen Leistungen oder ihrer lokalen Präsenz. Schon viele dieser Kollegen konnte ich in Kundenprojekte mit einbeziehen und schon viele dieser Kollegen haben mich in ihre laufenden Projekte mit einbezogen. So macht netzwerken Spaß und nutzt sowohl den Kunden als auch mir.
Die sogenannten Sozialen Netzwerke bilden dieses Prinzip heute im großen Stil virtuell ab, d.h. hier können sich nun weltweit Gleichgesinnte kennenlernen, zusammenschließen, austauschen – sprich: vernetzen und genau diese o.g. Synergien bilden.
Verbände (auch Innungen, Kammern und Genossenschaften)
Verbände stehen dafür eher für die Funktion einer gemeinsamen Interessenvertretung und haben in der Regel eine hierarchische Organisation mit übergeordneter Geschäftsführung oder einer vereinsähnlichen Vorstands- und Beiratsstruktur. Idealerweise sehen die Verbände ihre Mitglieder als "Eigentümer" und betreuen diese mit einer Vertriebsstruktur durch eine regional oder fachlich gegliederte Vertriebsorganisation, z.B. durch Verbandsbeauftragte. Verbände haben in der Regel eine oder mehrere klare Funktionen, z.B. Einkauf, Marketing, Vertrieb oder politische Lobbyarbeit, mit der sie ihre Mitglieder als größere Einheit potenter repräsentieren können, als diese es als Einzelunternehmen könnten. Durch die entstehenden Synergieeffekte genießt jedes Mitglied Wettbewerbsvorteile, z.B. durch besseren Einkauf oder bessere wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen. Darüber hinaus können Verbände (deshalb sind sie hier erwähnt) durchaus bei der Kundengewinnung von großem Vorteil sein. Zum Beispiel in der Funktion als Marketinggemeinschaft, indem sie für ihre Mitglieder Marketingmaßnahmen und -Materialien entwickeln, die diese sich im professionellen Umfang so nicht leisten könnten. Ganz interessant sind Verbände, deren Mitgliedermanagement stark von Netzwerkbildung mit allen oben genannten Vorteilen geprägt ist, denn dann tritt auch innerhalb eines Verbandes die bereits erwähnte Innenwirkung auf: Potenzielle Auftraggeber und Auftragnehmer lernen sich innerhalb dieser Organisation kennen.
Beispiel: Die Partnerorganisation meines o.g. IBWF-Beraternetzwerkes ist der BVMW, Bundesverband mittelständische Wirtschaft e.V., der schwerpunktmäßig und öffentlichkeitswirksam mit seinem prominenten Präsidenten Mario Ohoven für die Belange des Mittelstandes kämpft. Aktuell z.B. die Kampagne zur Unterstützung einer Bundestags-Petition für bezahlbaren Strom – also klassische politische Lobbyarbeit. Darüber hinaus bietet dieser Verband seinen Mitgliedern neben vielen weiteren Vorteilen auch eine wirkungsvolle Netzwerkarbeit vor Ort, gesteuert durch die auf regionaler Ebene aktiven Verbandsbeauftragten. Im Rahmen dieser Aktivitäten, z.B. von zahlreichen Veranstaltungen, habe ich auch in Sachen Kundengewinnung bislang beste Erfahrungen sammeln können.
Passive Mitgliedschaft genügt nicht
Keine Mitgliedschaft spült Ihnen frei Haus Kunden zu. Sehen Sie bitte Ihre Mitgliedschaft in einem Netzwerk oder einem Verband als reine Eintrittskarte. Auf dem hier bereitgestellten Parkett müssen Sie sich (aktiv) präsentieren und mit anderen Partnern Anknüpfungspunkte suchen. Indem Sie Vorträge halten, sich in verantwortlicher Position ehrenamtlich engagieren, speziell für andere Mitglieder Angebote schaffen, diese erfolgreich empfehlen oder gar in Ihre Projekte einbinden, erreichen Sie nach und nach die notwendige Vertrauensposition. Das alles geht natürlich nicht über Nacht – sehen Sie bitte Ihr Engagement in Netzwerken oder Verbänden als langfristige und nachhaltige Maßnahme.
Beispiele für Netzwerke
- IBWF-Beraternetzwerk > www.ibwf.org
- Freelancer International > www.freelancer-international.de
- BNI / Business Network International > www.bni.de
- GABAL > www.gabal.de
- FORUM BETRIEB > www.forum-betrieb.de
- Wirtschaftsjunioren Deutschland e.V. (WJD) > www.wjd.de
- go-cluster / Clusterpolitische Exzellenzmaßnahme des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie > www.go-cluster.de
- Xing > www.xing.de
- Linkedin > www.linkedin.com
- Facebook > www.facebook.com
Beispiele für Verbände
- Datev > www.datev.de
- Bundesrechtsanwaltskammer > www.brak.de
- Innung für Elektro- und Informationstechnik > www.eh-stuttgart.de
- BDS / Bundesverband der Selbstständigen > www.bds-dgv.de
- BPI / Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie > www.bdi.eu
- BVMW / Bundesverband mittelständische Wirtschaft > www.bvmw.de
- ZEG / Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft > www.zeg.de
- EP: / ElectronicPartner > www.ep.de
- Der Kreis / Einkaufsgesellschaft für Küche und Wohnen > www.derkreis.de
- BDI / Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. > www.bdi.eu
- EKDD / Einkaufskontor Deutscher Druckereien eG > www.ekdd.de
- AGD / Allianz Deutscher Designer > www.agd.de
- Fachverband Freier Werbetexter e.V. > www.werbetexter.com
Fazit
Die Abgrenzung Verband / Netzwerk ist im Einzelfall schwierig, denn auch funktionierende Netzwerke können Verbandsstrukturen haben. Wichtig ist, dass Sie sich die möglichen Organisationen, die für Ihre Kundengewinnung interessant sein könnten, ganz genau anschauen und sich selektiv lieber für eine Organisation entscheiden, in der Sie sich wirklich aktiv engagieren. Die passive Mitgliedschaft in möglichst vielen Organisationen führt zunächst zu nichts, außer zu einem hohen Aufkommen an Beiträgen. Bei der Auswahl der für Sie geeigneten Organisation sollten Sie gegebenenfalls die Unterstützung durch ein erfahrenes Beratungsunternehmen, z.B. modus_vm, in Anspruch nehmen.
In meinem nächsten Beitrag widme ich mich dem Thema "Newsletter-Marketing".
Alle Themen dieser Serie:
1. Akquisition per „Marktforschung“
2. Auftragsbörsen / Ausschreibungsportale
3. Direktmarketing / Mailings
4. E-Mail-Marketing
5. Ehrenamtliche Aktivitäten
6. Fachpublikationen
7. Guerilla-Marketing
8. Klassische Kommunikation
9. Kooperationen
10. Microsite / Satelliten-Website
11. Mitarbeitermotivation / Schulungen
12. Netzwerke und Verbände
13. Newsletter-Marketing
14. Online-Marketing
15. Persönliche Vitamin-B-Liste
16. Public Relations
17. Social Marketing
18. Social Networking
19. Sponsoring
20. Straßen- / POS-Aktivitäten (B-to-C)
21. Suchmaschinenoptimierung
22. Telesales / Telefonmarketing / Kaltakquise
23. Veranstaltungen / Messen
24. VKF-Maßnahmen / Promotions
25. Vertriebsdifferenzierung
26. Vertriebspartnerschaften / Multiplikatoren
27. Virales Marketing
28. Webcasts / Webinare
29. Weblog
30. Weiterempfehlungs-Marketing / Referenzen
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