15
März
2016

Den Kunden im Mittelpunkt sehen

Wie kann der Design-Thinking-Ansatz dabei helfen?

Larissa MeierhoffSicher kann sich jeder daran erinnern, einmal eine Bedienungsanleitung oder eine Informationsbroschüre gelesen zu haben, bei der das Gefühl aufkam, dass sie eher für einen bestimmten Kreis von Spezialisten verfasst wurde statt für einen normalen Anwender. Ähnlich verhält es sich mit nicht wenigen Produkten oder auch Dienstleistungen, die ohne Zweifel ihre Funktionalität oder ihren Mehrwert besitzen, dieser sich aber aufgrund des komplexen Aufbaus für den Kunden nicht sofort erschließt. Diese in der Regel unbeabsichtigte Kundenunfreundlichkeit basiert auf dem Denkansatz der linearen Entwicklung, eine in der Industrie und im Dienstleistungsgewerbe durchaus übliche Vorgehensweise bei der Entwicklung neuer Produkte.

Zuerst kommen die Inhalte, dann die Verpackung!

Damit haben zuerst einmal die Techniker das Wort, was am Ende dazu führen kann, dass ein an sich wundervolles Produkt entsteht, welches Techniker für Techniker erschaffen haben und nicht für den Kunden. Viele gute Ideen wurden auf diese Weise kein Erfolg oder sie wurden der Erfolg eines Konkurrenten, der bei der Entwicklung neben der technischen Seite dem Design mindestens genauso viel Spielraum einräumte. Genau dies ist einer der wichtigsten Bestandteile des Design Thinking.

Lineare gegen iterative Entwicklung

denkmotorIm Design Thinking geht es um Ideen. Es geht aber nicht einfach nur darum, was beispielsweise ein Produkt oder eine Dienstleistung Neues kann und wie dies umzusetzen ist, sondern weg von der linearen Betrachtungsweise, wer etwas mit dem Produkt anfangen kann. Der oder die Designer sind hierbei von Anfang an in den Prozess eingebunden. Natürlich wird der hoch spezialisierte Techniker zuerst einmal widersprechen und die Frage stellen, was der Designer denn zu diesem frühen Zeitpunkt beitragen kann. Die Antwort lautet: Der Designer kann Fragen stellen und Fragen beantworten, welche sonst der Kunde stellt, dies aber erst viel später und zum Zeitpunkt nach der Markteinführung. Ein Zeitpunkt, bei dem Kundenfragen teuer werden können.

Im Design Thinking ist es die allseitige, iterative Betrachtungsweise eines Produktes oder einer Dienstleistung, bevor es in die Realität umgesetzt wird, wodurch schon im Ansatz Entwicklungsfehler oder Sackgassen vermieden werden. Gerade in der heutigen Zeit ist der praktische und schnell zu erkennende Mehrwert, gepaart mit sensorischen Reizen, für den Kunden wichtiger denn je. In Industriestaaten wie Deutschland besteht praktisch kaum noch eine Branche, in der nicht eine gewisse Marktsättigung anzutreffen ist. Der viel beschworene „Normalverbraucher“ besitzt heute im Durchschnitt zwischen 5000 und 10.000 verschiedene Produkte in seinem Haushalt. Dazu kommen unzählige Dienstleistungsangebote für wirklich jeden Bereich des Lebens.

Iterativ denken bei der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen

Folglich geht es darum, gegen die Konkurrenz und die Sättigung des Marktes ein Produkt oder eine Dienstleistung zu entwickeln, welche zum Erfolg wird. Doch wie geht das?

denkmotor2Iteratives Denken bedeutet nicht, dass alle bewährten Schritte der Projektentwicklung über den Haufen geworfen werden müssen und nun wild drauflosgebastelt wird, in der Hoffnung, dass daraus etwas wunderbar Neues entsteht. Im Design Thinking bestehen nach wie vor verschiedene Phasen der Entwicklung, wobei jedoch dem Kundennutzen der Vorrang eingeräumt wird und dies nicht nur unter dem Aspekt des Mehrwerts, sondern ebenso der Attraktivität. Die einzelnen Stufen könnten beim Design Thinking etwa so aussehen:

  • Das Verstehen der Zielgruppe
  • Das Beobachten der Zielgruppe
  • Inhalte definieren
  • Ideen zu den Inhalten finden
  • Die Prototypen-Entwicklung
  • Testen des Prototyps

Der Begriff Prototyp kann hier ohne Weiteres auch auf Dienstleistungen bezogen werden, welche genauso wie ein physisch greifbares Produkt durch ihre Inhalte und ihre Verpackung überzeugen müssen.

Design Thinking – das Schweizer Taschenmesser der Produktentwicklung?

Die iterative Betrachtungsweise in der Entwicklung neuer Produkte ist keine Wunderwaffe und ebenso wenig ein Modebegriff. Erfolgreiche Hersteller und Dienstleister wenden diesen Ansatz schon lange an. Dabei spielen Gefühle eine große und enorm wichtige Rolle. Die erfolgreichsten Produkte erlauben ihren Besitzern eine Identifikation mit der jeweiligen Sache oder der Dienstleistung, die nicht nur durch technische Inhalte getragen wird, sondern ebenso durch Überzeugungen. Das funktioniert jedoch nur, wenn der Anbieter seine Zielgruppe genau kennt. Dabei spielt der Preis erstaunlicherweise eine untergeordnete Rolle. In manchen Branchen ist der hohe Preis eines bestimmten Produktes sogar ein Erkennungsmerkmal für das zu erreichende Optimum und zugleich ein Abgrenzungsmerkmal zur Konkurrenz. Dies verlangt natürlich eine umfassende Marktbeobachtung und gleichzeitig ein entsprechendes Markenimage. Wiederum ein Punkt, der etwa in der Stufe zur Beobachtung der Zielgruppe Anwendung finden kann.

Sind nur hochpreisige Produkte für das Design Thinking geeignet?

Absolut jedes Produkt und auch jede Dienstleistung kann durch Design Thinking hinsichtlich seiner Marktchancen optimiert werden. Von hoher Bedeutung ist hierbei das Erkennen des eigentlichen Wertes eines Produktes für dessen Nutzer. Ist es die Funktionalität gepaart mit einem interessanten Design? Oder vielleicht ein Imagegewinn, den das Produkt verspricht? Das sind durchaus komplexe Fragestellungen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren, die es notwendig machen, dass Ideengeber, Entwickler, Designer und Marktforscher von Anfang an miteinander arbeiten, um letztlich über Versuch und Irrtum zu einem Produkt oder einer Dienstleistung zu kommen, welche sich in einem gesättigten Markt bewähren kann, und zwar bereits vor der Markteinführung.

Über den Autor

Larissa Meierhoff ist studierte Germanistin und betreut die Redaktion der Denkmotor GmbH. Durch ihre langjährige Arbeit im Unternehmen ist sie spezialisiert auf innovative und kommunikative Kreativitätstechniken. Sie ist maßgeblich beteiligt an den redaktionellen Inhalten auf denkmotor.com.

Kategorie Unternehmensführung, Design, Technik