Donnerstag, 21. November 2024

04
September
2013

An der Macht klammern (Teil 2)

"Entweder Sie schreiben oder werden Geschichte" (EXICON GmbH)

Demo_Gast_Wahlen Im ersten Teil konnten Sie anhand einer aktuellen wirtschaftswissenschaftlichen Studie (Handelsblatt Nr. 133, S. 12, v. 15.07.2013) sowie an einem praktischen Beispiel bereits verfolgen, was genau mit engagierten Mitarbeitern eines Unternehmens passiert, wenn deren Führungskraft durch jahrelanges passives Verhalten gepaart mit höchster sozialer Inkompetenz den zentralsten Wert ihrer Mitarbeiter, nämlich die Loyalität zum Unternehmen, systematisch verspielt und aufgrund des unentwegten Klammerns an der Macht teure Folgen für sein Unternehmen produziert. Die Kündigung ist deshalb für noch so engagierte Mitarbeiter, wie dies der beschriebene Manager selbst auch als Ausweg wählte, nur eine logische Folge.

Schnell wird anhand dieses praktischen Beispiels klar, wie häufig in Unternehmen zwar die rein fachliche Kompetenz von Mitarbeitern jeglicher Hierarchiestufen gefördert wird und damit stetig ansteigt, sich jedoch deren emotionale Kompetenz leider nicht direkt proportional dazu entwickelt. So lässt sich keine wirkliche Brillanz im Wirken der hochdotierten Manager für durchaus hehre Ziele aktivieren! Emotionale Kompetenz ist jedoch der entscheidende Faktor, um Innovations- und Leistungskultur zu befeuern. Ohne diese Seite der Medaille konzentriert man sich nur auf das Negative und damit auf das Bewahren von verkrusteten Strukturen und persönlichen Befindlichkeiten. Auch bekannt als Komfortzone.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die schmerzlich erfahrene soziale Inkompetenz von jener Führungskraft ursächlich für den Weggang des jungen Managers verantwortlich ist. Die immer noch geltende Prämisse von ausschließlich rein fachspezifischer Vorbildung von Mitarbeitern fördert in vielen personalpolitischen Entscheidungen die Konzentration auf formale Mentalitäten. Somit wird das Geflecht von Vorgesetzten, welche sich krampfhaft an ihre Macht klammern, nie aufgebrochen, da deren Einbeziehung ihrer Mitarbeiter dem Hang zu kontraproduktiver Machtausübung klar entgegensteht.

Jene, die ihrer Verantwortung maximal aus der haftenden Seite heraus gerecht werden, niemals aber die gestalterische Seite aktiv werden lassen können, erhalten in althergebrachten Strukturen das Primat. Dass dabei Mitarbeiter wie der genannte Manager „über die Wupper gehen", wird oftmals als wenig loyal und fahnenflüchtig gedeutet.

Das höchste soziale Prinzip, nämlich die Bestätigung sozialer Anerkennung, wird bewusst mit Füßen getreten, weil man sich nur an die veralteten Postulate einer BWL-Klientel hält, die überwiegend kennzahlenhörig und rückwärtsgewandt agiert. Da ist es manch einer Führungskraft natürlich lieber, die eigenen Mitarbeiter nicht weiter an den Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen, denn womöglich stellen sich diese als progressiver heraus, als die Führungskraft dies selbst zu sein vermag. In diesem Anachronismus verlässt man sich dann auch noch ausschließlich auf Marktforschung und denkt in Wahrscheinlichkeiten. Erfolgreiche Unternehmen hingegen versuchen nicht die Zukunft vorauszusagen, sie gestalten diese einfach mit dem ihnen zur Verfügung stehenden wertvollsten Kapital, nämlich der voll ausgeschöpften Potenziale ihrer Mitarbeiter, weil sie sich mit voller Leidenschaft und ehrgeizigen Visionen der objektiven Realität stellen wollen.

Nun drängt sich hinsichtlich der zukünftigen Herausforderung des Managers die Frage auf, wie konkret dieser seinen langjährigen Arbeitsplatz mit den damit verbundenen geliebten Aufgaben hätte halten können?

Geht es am Ende nicht eher um das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten? Das Feuer, welches unaufhörlich in Leistungsträgern lodert, auch weitertragen zu können, um die Gewissheit, dass die eigene Souveränität im Wesen aller unserer Arbeitsbereiche nur dann besteht, wenn wir unseren ureigenen Interessen unaufhörlich folgen, weil wir da erst am besten sind? Vom Manager zur Führungspersönlichkeit zu transzendieren, stellt demnach eine rein soziale Herausforderung dar, denn der Wert Verantwortung wurde im Fall des gescheiterten Managers sehr leichtfertig und zu einseitig auf dessen Vorgesetzten bzw. die dafür verantwortlichen Rahmenbedingungen abgewälzt.

Die Möglichkeit, sich selbst im gegenseitigen Zusammenspiel mit dem jeweiligen sozialen Kontext zu fordern und zu fördern, ist ohne vorheriges Coaching mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit für den Einzelnen nicht umsetzbar. Innerhalb sozialer Gefüge kommt schließlich niemand von uns um die existierenden sozialen Prinzipien des Miteinanders herum.

Durch einen Perspektivwechsel innerhalb einer Coachingmaßnahme werden jedem interessierten und offenen Geist die althergebrachten Denk- und Verhaltensmuster gespiegelt. Nur mittels dieser intensiven Beschäftigung mit der eigenen Person gelingt es schließlich, sein tägliches Tun zu hinterfragen. Dies schafft für alle Beteiligten einen neuen aktuellen Status quo, welcher wiederum vom Einzelnen ausgehend ein ganzes System positiv erfassen kann. Oder kennen Sie etwa ein Unternehmen, welches nicht wachsen will?

Im Handelsblatt-Artikel wird nach Rezepten gefragt, wie mit Führungskräften denn umgegangen werden solle, wenn diese sich an der Macht festklammern und nicht zu einem progressiven Denk- und Verhaltensmuster kommen? Weder Verhaltensforscher noch der genannte Wirtschaftsökonom Ernst Fehr liefern uns die Lösung. Gibt es sie denn überhaupt?

Meine Frage an den Manager, wie dieser nach dessen Erkenntnisgewinn nach all den Jahren seines ungehörten Schreis nach Interessenidentität und Selbstverwirklichung damit zukünftig für seine neue Herausforderung als Geschäftsführer eines anderen Unternehmens umgehen werde, wurde damit beantwortet, dass dieser seinen bisherigen Großteil seines Arbeitslebens einfach nur noch in Vergessenheit geraten lassen möchte.

Im Grunde aber gehe dieser davon aus, dass sein neues Wirkungsfeld als Geschäftsführer schon deshalb von Erfolg gekrönt sein muss, da im neuen Unternehmen alle Mitarbeiter, bis hin zum Lageristen, selbst auch Gesellschafter seien. Doch seine Annahme, dass der, der sich einkauft in ein Unternehmen, auch automatisch sich einbringt, wäre meiner Auffassung nach zu schön, um wahr zu sein. Sich in ein Unternehmen einzukaufen stellt für die Mehrheit der Gesellschafter eher die Motivation nach steigenden Renditen dar denn die eigenverantwortliche Mitbestimmung im Sinne der zu entwickelten Sache.

Es lässt sich für jeden von uns an unseren eigenen Erfahrungen klar ablesen, dass leistungsgerechtes Verhalten und Erfolg immer und ausschließlich dem sozialen Kontext zukommt. Wenn sich eine Persönlichkeit mit all ihren inneliegenden Interessen und Leidenschaften einer klaren Zielsetzung verschreibt, benötigt dies unterschiedlichste Werte, welche im Laufe dieses Engagements nachhaltig entwickelt werden müssen, um Wachstum persönlich und beruflich zu generieren.

Nur mittels Persönlichkeitsentwicklung gelingt einem perspektivisch denkenden Manager der Spagat zwischen „verwaltendem Ausführenden" und werteorientiert denkendem Entscheidungsträger, um wirklich was bewegen zu können. Meines Erachtens liegt hierin die Antwort auf die Frage nach dem „Rezept" gegen diese Fehlentwicklung.

Denken wir beispielsweise an die Herangehensweise bei der Kindererziehung: Wie oft hört man von jungen Müttern, dass diese unter gar keinen Umständen so werden wollen wie deren eigene Mutter. Aber genau jener Weg wurde längst unreflektiert eingeschlagen, da man kein anderes Lebenskonzept kennengelernt hat. Stattdessen strapaziert man über Gebühr sein soziales Umfeld durch die immer gleichen Beschwerdeschleifen, welche der effektiven Findung der eigenen Persönlichkeit und den damit verbundenen Wertmaßstäben nie zu neuem Leben verhelfen werden. Außer, dass man eine neue Leidensgemeinschaft gefunden hat, passiert nichts.

Diese Beobachtung möchte ich diesbezüglich auch auf die Situation von Führungskräften und deren Mitarbeitern ausdehnen: Wenn solche „Vorbilder" wie jene Führungskraft für den erwähnten Manager über viele und damit prägende Jahre solch einen Führungsstil vorleben, erscheint es für die meisten richtig und selbstverständlich. Demzufolge erscheint es geradezu ausweglos sicher, dass dieser Führungsstil Nachahmer findet, so wie jene Mütter, die über die eigene Mutter herziehen, aber selbst deren Kinder das kritisierte Fehlverhalten weiter an deren Kindeskinder tragen. Wer lediglich mit dem Finger auf andere zeigt, ohne die daraus abgeleiteten Triebkräfte zur eigenen Entwicklung nutzen zu wollen, vermag niemals eine Veränderung des Status quo zu realisieren.

Wie soll demzufolge der hier näher beschriebene Manager dafür Sorge tragen, nicht die gleichen Fehler zu machen, wie sie sein bisheriges Führungs-„Vorbild" an diesen unterschwellig weitertrug? Warum erliegen wir der Crux zu glauben, dass uns die neue Herausforderung unter anderen Rahmenbedingungen automatisch besser werden lässt, als dies unter den alten Verhältnissen je möglich war?

Parallel dazu gilt es, in einer immer komplexer werdenden Welt sozial intelligente Entscheidungen zu treffen. Das dabei entwickelte Wertegerüst eines jeden innerhalb eines Unternehmens und die damit einhergehende Sozialisation spielt eine oft unterschätzte, aber entscheidende Rolle, um erfolgreich gestalterische Verantwortung wahrnehmen zu können.

Leisten ist eine spezifische Form der sozialen Interaktion und genau deshalb ist es so wichtig, die Erkenntnis durch die eingangs beschriebene Studie, nämlich dass Führungskräfte an ihrer Macht klammern und dabei höchst zweifelhafte und teure Folgen für ihr Unternehmen aktivieren, endlich der Vergangenheit angehören zu lassen.

Die fachliche Kompetenz ist eine selbstverständliche Voraussetzung, wogegen die soziale Dimension das wahre Primat des Wettbewerbs ausmacht. Denn nur dann rückt ein individuelles Happy End persönlichen Glücks auch endlich in greifbare Nähe. Mit dieser Erkenntnis machte ich übrigens den Manager, den zukünftigen Geschäftsführer, natürlich noch bekannt, denn vielleicht wirkt diese in ihm genauso nach wie dessen Sicht der Dinge in mir.

Geschrieben von Franziska Ambacher Kategorie Unternehmensführung

Über den Autor

Anne Schüller

Franziska Ambacher

Business-Coach, Changemanagement-Consultant und Mediatorin

„Mehr bewegen, anstatt bewegt zu werden"

Franziska Ambacher unterstützt Entscheider und die, die es werden wollen, dabei, einen wertegestützten und sozial kompetenten Führungsstil zu etablieren. Als Expertin für Beziehungsarchitektur, als Business-Coach und Changemanagement-Consultant legt Frau Ambacher ihr Hauptaugenmerk auf den systemischen Ansatz (Wechselwirkung zwischen Individuum, Team und Organisation), um ihre Klienten zu ermutigen, für sich selbst und ihr Lebensumfeld Verantwortung zu übernehmen. Des Weiteren bewusste Entscheidungen zu treffen, die Konsequenzen zu bedenken und für die eigenen Entscheidungen und Handlungen einzustehen.

Zentral sind hierbei nicht nur neue Impulse, sondern vor allem auch die gewinnbringenden Veränderungen im Miteinander einer Organisation. Die Beziehungskultur aller Akteure untereinander ist ausschlaggebend, weshalb der, der Leistung fordert, auch Sinn bieten muss.

Ihr persönliches Credo „Mehr bewegen, anstatt bewegt zu werden" entspricht dem aktuellen Bruch konservativer Arbeitsformen, dem Abbau von Hierarchie und dem Umbau hin zu Netzwerken, damit Mitarbeiter verantwortungsbewusst und begeistert an einem Strang ziehen und Innovation zum festen Teil einer herausragenden Unternehmenskultur wird.

Franziska Ambacher
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