10
April
2013

Zum optimalen Business Case durch Simulation der Zielwerte

Demo_Gast_Maas_Prozess

1. Einleitung

Ein „zündender Gedanke" ist, ökonomisch gesehen, zunächst nichts anderes als eine noch wertlose Idee, mag er auch noch so feurig sein. Bis aus dem Gedanken eine ausgereifte Geschäftsidee wird, muss sie in aller Regel viele Entwicklungsstufen durchlaufen und sich weiterentwickeln. In diesem Kontext untersucht ein Business Case ein bestimmtes Geschäftsszenario hinsichtlich dessen Rentabilität. Er dient zur Darstellung und Abwägung der prognostizierten finanziellen und strategischen Auswirkungen bei Durchführung der Investitionsmöglichkeiten. Die nachfolgend beschriebene Vorgehensweise basiert auf einem Projekt zur Unternehmensgründung, auf der Basis der Produktion und Vermarktung eines stromlosen Gerätes im Bereich Haustierfütterung. Dieser Futterautomat ist so konstruiert, dass das Haustier die Futtermenge nach Bedarf selbst abrufen kann.

2. Ausgangssituation

Eine erwachsene, gesunde Katze mit vier Kilogramm Körpergewicht braucht täglich nur etwa 70 Gramm Trockennahrung.

Die meisten unserer Samtpfoten sind Stubentiger, von denen nur einige ein Außengehege zur Verfügung haben, in dem sie ihre überschüssige Energie austoben können. Umso wichtiger ist eine ausgewogene, mengenmäßig eingeteilte Fütterung. Da die Katzenbesitzer nicht immer zur Fütterung parat stehen, ja sogar mehrere Stunden anderen Interessen nachgehen, stellt sich die Frage: „Wer füttert die Hauskatze?" Diese Anforderung erfüllt der Futterautomat eines jungen Unternehmens, der von der Katze bei Bedarf „selbstbedient" werden kann. Eine „Stromversorgung" ist nicht notwendig und damit auch keine Gefahr bezüglich Ausfalls des Gerätes. Welche betriebswirtschaftlichen Kennzahlen sind nun relevant? Das wird nachfolgend innerhalb der Erstellung eines Business Cases für das Produkt dieses Start-up-Unternehmens beschrieben.

3. Business-Case-Analyse zur Quantifizierung qualitativer Faktoren

Die Erstellung eines Business Cases dient der betriebswirtschaftlichen Beurteilung einer Investition bzw. Realisierung eines Projektes. In einem idealen Business Case wird ganz besonders intensiv auf finanzwirtschaftliche Aspekte sowie deren Beurteilung eingegangen. Durch die Erstellung eines Business Cases wird versucht, alle Informationen qualitativ zu erfassen und sie quantitativ darzustellen, um sie vergleichbar zu machen. Unterteilt werden die Informationen in harte und weiche Faktoren: Harte Faktoren beschreiben zum Beispiel Kosten für Werkzeuge, während z. B. die Erhöhung der Kundenzufriedenheit durch eine Marketingmaßnahme zu den weichen Faktoren zählt. Die Entscheider haben durch einen vorliegenden qualifizierten Business Case eine sehr gute Grundlage, um die „richtige" Entscheidung für das Unternehmen zu treffen. In der Vergangenheit wurden die „weichen Faktoren" bei der Entscheidungsfindung weitestgehend außer Acht gelassen. Viel zu oft wurde z. B. die Fertigung von vollständigen Produkten ausgelagert und die möglichen Probleme mit Logistik und Qualität nicht beachtet1.

Daher verlangen immer mehr Organisationen nach einer Methode, mit der die qualitativen Nutzenpotenziale gemessen werden können. Die subjektiven Messgrößen „gut/schlecht" reichen da nicht aus. Erst durch die Quantifizierung qualitativer Werte in monetäre Größen ist ein Vergleich möglich. Innerhalb der Entscheidungsfindung gewinnt in der Regel das Vorhaben mit den höchsten nicht qualitativen Werten2.

SB-FutterspenderSB-Futterspender

Der SB-Futterspender zur Fütterung von Katzen und Hunden ist eine „Neuentwicklung" und verfügt über einen Gebrauchsmusterschutz. Der Vertrieb ist zunächst auf Deutschland beschränkt, soll aber über eine Vertriebsgesellschaft auf Österreich und die Schweiz ausgedehnt werden. Es gibt erst wenig vergleichbare Produkte und sie unterscheiden sich in der Technik und im täglichen Gebrauch erheblich von diesem SB-Futterspender.

4. Das praktische Fallbeispiel

In der Startphase einer Unternehmensgründung ist das Budget naturgemäß knapp. Jeder Cent wird zweimal umgedreht, bevor er ausgegeben wird. Das trifft insbesondere zu, wenn Geld für eine Marketingmaßnahme in Form einer „Suchmaschinenoptimierung / SEO3" investiert werden soll. Suchmaschinenoptimierung ist in aller Munde. Durch gezieltes Optimieren ist es möglich, Websites so zu gestalten, dass sie tatsächlich in Suchmaschinen ein besseres Ranking erzielen. Diese Arbeiten sind zeitintensiv und kosten dementsprechend Geld. Doch wo setzt ein junges Unternehmen das wenige vorhandene Geld am wirkungsvollsten ein? Eine Entscheidungsgrundlage musste in Form eines Business Cases geschaffen werden.

Probleme sind in der Regel komplexer Natur. Vielfach ist nicht klar, was im detaillierten Fall zum Problem gehört und was nicht. Dementsprechend kann auch keine Entscheidung getroffen werden. Diese Situation ist jedem Berater hinlänglich bekannt. Sie ist eine hervorragende Grundlage für stundenlange Diskussionen, bei denen letztendlich „um des Kaisers Bart" gestritten wird. Mit Hilfe einer Einflussmatrix lassen sich Probleme in ihre Elemente zerlegen, sie sind dadurch transparent und lösbar. So auch im vorliegenden Fall.

Innerhalb eines konstruktiven Workshops war es schnell möglich, die Einflussmatrix zu entwerfen.

Einflussmatrix

5. Der nächste Schritt

"Man braucht nichts im Leben zu fürchten, man muss nur alles verstehen."
– Marie Curie

Im folgenden Schritt wird auf der Basis der Informationen aus der Einflussmatrix das Finanzmodell mit MS Excel aufgebaut. Dabei wurde auf eine einfache Darstellung der Situation höchstes Augenmerk gelegt. Mit dem Finanzmodell wird der Effekt der beiden Szenarien

  1. Aktueller Kurs & Geschwindigkeit
  2. Marketingmaßnahme

auf den Zielwert (Kundenzufriedenheit) berechnet. Das Ergebnis ist demnach der Vergleich beider Szenarien mit Blick auf den Zielwert der Kundenzufriedenheit. Die Vergleichbarkeit wird am sinnvollsten durch die Darstellung dieses Zielwertes als Kapitalfluss erreicht.

Steigerung des Umsatzes

6. Die Simulation

Die hier zur Anwendung kommende Monte-Carlo-Simulation ist ein Verfahren aus der Mathematik, die es ermöglicht, das Risiko in quantitativer Analyse und Entscheidungsfindung nachzuweisen. Durch die Monte-Carlo-Simulation kann der Entscheidungsträger erkennen, welche Ergebnisse eine gewisse Handlungsweise mit sich bringen können und wie hoch das Auftreten (Wahrscheinlichkeit) solcher Ergebnisse ist. Damit die Monte-Carlo-Simulation durchgeführt werden kann, müssen die Unsicherheiten definiert werden. In dem hier zu Anwendung kommenden Tool von Oracle „Crystal Ball©"4 werden die Unsicherheiten „Annahmen" genannt. Sie werden in die Zellen „Annahmen" eingetragen. Annahmezellen enthalten demnach Zahlen, deren zukünftige Veränderungen nicht voraussehbar sind.

Business Case

7. Die Ergebnisse

Wenn man nicht mehr weiter kann, fängt man zu simulieren an.

Die Monte-Carlo-Simulation mit Crystal Ball© zeigt nach rund 100.000 Versuchen (einstellbar) folgende Ergebnisse: Das Diagramm zeigt mit einer statistischen Sicherheit von rund 95 %, dass der höchste Balken nach 99.729 Versuchen bei ca. 3.600 Mal liegt. Das entspricht einem Geldwert von rund 80.000 Euro. Das Diagramm muss dementsprechend wie folgt „interpretiert" werden: Es gibt eine 95 %ige Wahrscheinlichkeit, einen positiven Kapitalfluss zwischen 72.000 € und 92.000 € zu erreichen. Dementsprechend ist also gesichert, dass die Marketingmaßnahme kein Risiko birgt. Die Investition lohnt sich.

Nettokapitalfluss

8. Zusammenfassung

Drei Arbeitsschritte führen zu einer gesicherten Entscheidung:

  1. Einflussmatrix erstellen,
  2. Finanzmodell aufbauen und
  3. Sensitivitätsanalyse durchführen.

Während die Einflussmatrix die Komplexität des Problems visualisiert, quantifiziert das Finanzmodell die Elemente des Entscheidungsproblems. Mit Hilfe der Sensitivitätsanalyse wird die Wahrscheinlichkeit der Ergebnisse ermittelt und bedeutende Risikofaktoren werden identifiziert. Im vorliegenden Praxisfall konnte die Geschäftsführung des Unternehmens durch die Bewertung qualitativer Werte eine Entscheidung treffen, die dem Unternehmen hilft.

1 Siehe aktualisierte Fallstudie zum Modelleisenbahnhersteller Märklin www.boeckler.de – Oktober 2009.
2 Kalkulieren Sie noch oder profitieren Sie schon? J. Ritter & F. Röttgers.
3 SEO Search Engine Optimization.
4 Crystal Ball© von Oracle©.
5 Microsoft Excel©.

Geschrieben von Robert Maas Kategorie Unternehmensführung, Marketing

Über den Autor

Robert Maas

Robert Maas

In über 35 Jahren zwischen Studium und Gründung der POLYGON Business Engineers arbeitete Robert Maas in Top-Funktionen der Unternehmensberatung.

Die Stationen waren:
  • Industrielle Beratung in der Automobilmontage und bei Zulieferern
  • Informations- und Kommunikationsberatung
  • Organisationsberatung bei Banken und Versicherungen
Die Schwerpunkte seiner Erfahrung sind:
  • Projekt- und Veränderungsmanagement
  • Werteoptimierung und Prozessdesign
  • Komplexitätsmanagement und Product Lifecycle Management
  • Fachkonzeptionen und IT-Bebauungsplanung
  • Portfolio- und Veränderungsmanagement
  • Management komplexer Projekte
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Robert Maas
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