04
Mai
2012

Theorie und Praxis: Brauchen Unternehmen wirklich eine Zielgruppenanalyse?

Nach meinem Studium bin ich nun ja die ersten Jahre in der Praxis tätig und habe täglich mit verschiedensten kleinen und mittelständischen Unternehmen zu tun.

Demo_zielgruppeDabei sehe ich immer mehr, wo Theorie und Praxis auseinanderklaffen. In diesem Artikel möchte ich der Frage nach der Schere zwischen Theorie und Praxis in Bezug auf das Thema Zielgruppenanalyse nachgehen.

Ich habe an einer Fachhochschule studiert. Das habe ich aus mehreren Gründen getan: Zum einen weil dort einfach der für mich richtige Studiengang angeboten wurde, zum anderen weil Fachhochschulen ein praxisnahes Studium versprechen. Und das habe ich sicherlich auch gemerkt in der Möglichkeit des Praxissemesters und an den vielen Projekten, die teilweise auch in Kooperation mit Unternehmen durchgeführt wurden. Dennoch sehe ich jetzt, nach den ersten Jahren in der Praxis, dass Theorie und Praxis in vielen Punkten weit auseinanderklaffen.

Theorie vs. Praxis: Zielgruppenanalysen

Damit meine ich zum Beispiel das Thema Zielgruppe: Im Studium habe ich mal gelernt, dass eine Zielgruppenanalyse die Basis für alle Kommunikationsmaßnahmen darstellen muss. Diese sollte natürlich entsprechend detailliert sein und regelmäßig aktualisiert werden. Denn nur wenn ich weiß, wen ich ansprechen möchte, kann ich die richtigen Botschaften / Kanäle auswählen. Klingt logisch und vor allem sinnvoll. Aber ich habe es jetzt schon mehrmals erlebt, dass dieser zentrale Punkt sträflich vernachlässigt wird. Es kommt vor, dass Unternehmen ihre Zielgruppe nicht kennen. Sätze wie: „Ich glaube, unsere Zielgruppe ...“ habe ich durchaus schon gehört und sie verwundern mich immer noch ein wenig. Und ich frage mich, warum Unternehmen diesen Punkt vernachlässigen. Unternehmen geben unter Umständen nicht gerade wenig Geld aus, zum Beispiel für Hochglanzkataloge und sonstige Kommunikationsmaßnahmen – und ich finde, da wäre es durchaus angebracht, vorher zu fragen, für wen ich das denn mache und ob die das eigentlich wollen. Mir ist schon klar, dass zwischen Theorie und Praxis durchaus große Unterschiede bestehen. Nicht umsonst erleben viele Berufsanfänger einen Praxisschock. Aber trotzdem fällt es mir in diesem Punkt äußerst schwer nachzuvollziehen, wie ein Unternehmen agieren kann, ohne die Zielgruppe zu kennen: Denn dies sollte nicht nur die Basis für alle Kommunikationsmaßnahmen sein, sondern die Basis der gesamten Unternehmensausrichtung.

Auch für die Produktentwicklung ist die Zielgruppenanalyse ein zentrales Thema. Ich kenne viele Unternehmen, die richtig tolle Produkte entwickeln. Da wird viel Zeit und vor allem Herzblut in die Produktentwicklung gesteckt, man kann da auch von einer Produktverliebtheit sprechen. Diese Produktverliebtheit ist ja auch prinzipiell gut und richtig. Ein Problem besteht nur dann, wenn einfach Produkte entwickelt werden, aber vergessen wird zu schauen, ob der Markt, also meine Zielgruppe, so ein Produkt tatsächlich möchte. Dann hat man ein ganz tolles Produkt, aber stellt ernüchtert fest, dass es kaum jemand kaufen möchte. Sicher, das ist der Extremfall, manchmal ist es auch einfach so, dass sich Unternehmen da sozusagen durchwursteln. Sprich, die Entwicklung geht mit einer Portion Glück nicht völlig am Markt vorbei und es finden sich auch einige Käufer. Aber, und davon bin ich überzeugt, würden solche Unternehmen wirklich schauen, was die Zielgruppe möchte, würden tolle Produkte entstehen, die sich aber einfacher verkaufen lassen.

Sich intensive Gedanken über die Zielgruppe zu machen, bringt so viele Vorteile mit sich und minimiert die Gefahr von Fehlinvestitionen. Ich bin mir sicher, absolut jedes Unternehmen profitiert von detaillierten Zielgruppenanalysen. Also frage ich mich, warum das Unternehmen manchmal nicht so sehen. Deshalb gehe ich jetzt auf Spurensuche und versuche zu verstehen.

Warum vernachlässigen Unternehmen die Zielgruppenanalyse?

Mir fallen da sicherlich spontan ein paar Gründe ein, warum es Unternehmen manchmal einfach nicht so wichtig ist, die eigene Zielgruppe zu kennen: Es funktioniert doch auch so, ist wohl die gängigste Ausrede, warum Unternehmen keine Zielgruppenanalyse vornehmen. Und ja, das mag im Einzelfall auch so stimmen, aber die Frage ist, wie lange noch. Denn zufälligerweise den Nerv der Zeit bzw. meiner Zielgruppe zu treffen, kann morgen schon nicht mehr funktionieren – Zufall ist nie eine gute Basis für langfristigen Erfolg. Das Problem ist: Wenn erst mit entsprechenden Analysen / Maßnahmen begonnen wird, wenn die Auswirkungen zu spüren sind, sprich weniger Produktverkäufe, wird es sehr viel schwieriger ,die richtigen Weichen zu stellen. Und häufig ist das Geld dann schnell knapp, um z.B. entsprechende Studien zu kaufen oder Maßnahmen durchzuführen.

Und dann sind da ja auch noch die Kosten. Sicher, es kostet Geld, entsprechende Analysen zu erstellen. Selbst wenn die Analyse an sich im Unternehmen selbst durchgeführt werden kann, müssen in der Regel entsprechende Studien eingekauft werden. Und mir ist auch klar, dass in kleinen und mittelständischen Unternehmen eine solche Ausgabe wohl überlegt wird. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass sich eine solche, im Verhältnis überschaubare Investition mehr als bezahlt macht. Zum einen weil die Gefahr geringer ist, in Produktfehlentwicklungen zu investieren, zum anderen weil meine Marketingmaßnahmen gezielter und damit erfolgreicher durchgeführt werden können.

Ein weiterer Grund ist der damit verbundene Aufwand oder auch die Gewohnheit. Es muss natürlich Zeit investiert werden, um die Zielgruppe zu analysieren. Dies kann und sollte bei fehlenden internen Ressourcen von externen Agenturen übernommen werden. Aber natürlich nützt es nichts, eine Analyse durchzuführen, dessen Ergebnisse zu keinerlei Konsequenzen führen. Und da fängt die Arbeit auch eigentlich erst an. Die Ergebnisse sollten in die Produktentwicklung fließen. Auch Marketingmaßnahmen sollten entsprechend angepasst werden. Dies ist natürlich mit weiterem Aufwand und Kosten verbunden. Außerdem scheuen sich viele Unternehmen, den Weg zu verlassen, den sie bisher gegangen sind. Denn neu bedeutet immer nicht erprobt und nicht erprobt bedeutet unsicher und damit gefährlich. Aber liebe Unternehmer, machen Sie sich bitte einmal bewusst, wie viel gefährlicher es ist, einen Weg in der Dunkelheit zu gehen: Die Gefahr ist groß zu stolpern. Um in diesem Weg-Dunkelheit-Bild zu bleiben: Auf Basis der Vergangenheit zu agieren, ist ungefähr so, als wenn man zwar durchaus eine Taschenlampe hat, um den Weg zu erleuchten, aber rückwärts laufen muss und sich nicht umdreht: Wo Stolpersteine liegen, kann nur aufgrund des vorangegangenen Weges gemutmaßt werden. Daher mein Aufruf: Nutzen Sie die Chance, drehen Sie sich um und erleuchten auch den vor Ihnen liegenden Weg, um nicht länger mutmaßen zu müssen, wo die Stolpersteine liegen.

Fazit:

Theorie und Praxis, das ist so eine Sache. In manchen Punkten, wie eben in der Zielgruppenanalyse, lohnt es sich aber definitiv, in der Praxis auch mal theoretisch zu werden.

Es gibt sicherlich noch viele andere Themen, bei denen Theorie und Praxis auseinanderklaffen. Vielleicht haben Sie das ja auch mal erlebt? Ich freue mich über Ihre Anregungen.

Geschrieben von Beate Peter Kategorie Unternehmensführung, Marketing

Über den Autor

Beate Peter

Beate Peter

Nach dem Studium der Unternehmenskommunikation an der Hochschule der Medien Stuttgart arbeitete Beate Peter seit Anfang 2011 bis zum Oktober 2012 als Beraterin und Projektmanagerin bei modus_vm. Im Fokus ihrer Arbeit stand stets die ganzheitliche Kommunikation. Sie entwickelte kreative Marketingkonzepte mit maximaler Wirkung für unsere Kunden. Die Qualität Ihrer Blogbeiträge schätzen wir sehr, deshalb führen wie Sie hier als Gastautor weiter.