Anglizismen overall – verstehen Sie „Denglisch“?
In meinem Beitrag „Bescheuerte Claims" sind ja schon sehr viele Beispiele aufgeführt, die andeuten, wohin wir es unterdessen mit unserer deutschen Sprache gebracht haben. Beispiel „Jaguar – how alive are you?". Kann man das denn nicht auf Deutsch ausdrücken?
Viele unserer geschätzten Kollegen aus der Kommunikationsbranche glauben (und dieser Trend ist seit den 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts ungebrochen), dass ein englischer Spruch oder Terminus besonders modern, hipp, trendy und cool daherkommt. Dabei ist unterdessen genau das Gegenteil der Fall, mit einigermaßen klarem Verstand kann man es doch eigentlich nicht mehr hören!
Ich bin absolut davon überzeugt, dass ein verkrampft „hipper" englischer Begriff oder Claim heute eher belächelt wird – wenn er überhaupt von der Zielgruppe verstanden und nicht sogar missdeutet wird. Dazu weiter unten ein schönes Beispiel, das sich Nissan geleistet hat.
Haben Sie noch eine Besprechung oder „meeten Sie sich" schon?
Die „Denglifizierung" der Sprache ist natürlich nicht nur in der Glitzerwelt der Werbung weit verbreitet, sondern auch in den Chefetagen von Unternehmen aller Größenordnungen. Es klingt doch gleich viel bedeutender, wenn man nach dem Meeting gleich noch einen Call hat. Ansonsten müsste man ja nach der Besprechung noch ein Telefonat führen. Wie langweilig würde das denn rüberkommen? Überhaupt ist man ja doch lieber Manager als einfach nur Führungskraft und CEO statt Geschäftsführer. So kann man seinen Staff (die Belegschaft) regelmäßig briefen (über etwas informieren / unterrichten / in etwas einweisen) und die Action Items (zu ergreifenden Maßnahmen) auf die To-do-Liste (Aufgabenliste) setzen. Natürlich darf man heute als CEO auch erwarten, dass man über die Milestones (wichtige Etappenziele) ein zuverlässiges Reporting (Berichterstattung) erhält. Bei größeren Projekten empfiehlt es sich, ein Kick-off (Auftaktveranstaltung) abzuhalten, um vom gesamten Team (toll, ein anderer macht's!) das klare Commitment (Bekenntnis / Verpflichtung) zum Erreichen des Targets (Ziels) einzuholen. Will ein Team-Mitglied nicht so recht mitziehen, empfiehlt sich ein direktes Feedback (Rückmeldung) face-to-face (unter vier Augen).
Diese Geschichte könnte ich noch beliebig erweitern, aber Sie werden das alles sicher kennen.
Wie ist „Denglisch" überhaupt entstanden?
EF Englishtown, Anbieter von Online-Englischkursen, liefert hier eine umfassende Erklärung:
„Denglisch" wird als Kofferwort aus „Deutsch" und „Englisch" verwendet, um abwertend den vermehrten Gebrauch von Anglizismen zu beschreiben. Dies geschieht vor allem in der Berufswelt. Dabei kommen Anglizismen in vielen Formen vor:
- Direkte Übernahmen: Dabei kam die „Sache" selbst erst zu uns, die englische Bezeichnung füllte Wortlücken, die die deutsche Sprache nicht schnell genug überbrückte.
Beispiele: E-Mail und Skateboard - Innere Entlehnungen: Diese stammen aus dem Englischen, wurden aber wörtlich ins Deutsche übersetzt und sind damit gar nicht mehr als Anglizismen zu erkennen.
Beispiel: Gehirnwäsche (von brainwashing) und Flutlicht (von floodlight) - Wendungen: Ebenfalls innere Entlehnungen von ganzen Phrasen.
Beispiele: „macht Sinn" statt „ist sinnvoll" (von „makes sense) und nicht wirklich von „not really" - Lehnübertragungen: Das englische Ursprungswort wurde hier nicht wörtlich, sondern in freier Übersetzung ins Deutsche übertragen. Auch bei diesen Wörtern ist der englische Ursprung nicht leicht zu erkennen.
Beispiel: Wolkenkratzer von skyscraper (müsste „Himmelskratzer" sein) und Pferdeschwanz von pony tail (Ponyschwanz) - Neue zusätzliche Bedeutung: Deutsche Wörter wurden um die Bedeutung ergänzt, die sie im Englischen haben.
Beispiel: „realisieren" bedeutet nicht mehr nur „etwas verwirklichen", „etwas umsetzen", sondern auch „etwas wahrnehmen", „bemerken" (von Englisch „to realize") - Scheinentlehnungen: Solche Bezeichnungen, die englisch klingen, im Englischen aber gar nicht vorkommen oder einen andere Bedeutung haben.
Beispiel: Servicepoint oder trampen
Jeder Vierte versteht englische Werbesprüche nicht richtig
EF Englishtown wollte der Sache weiter auf den Grund gehen und hat dazu ein sehr aufschlussreiches Quiz entwickelt. Deutsche Muttersprachler konnten damit ihre Sprachkompetenz sowohl in der eigenen als auch in der englischen Sprache testen.
Aus dem Testergebnis lässt sich auch ableiten, ob man mit dem eigenen Sprachgebrauch zum vermeintlichen Untergang der deutschen Sprache beiträgt oder nicht. Nachdem das Quiz von knapp 1.000 Nutzern (im Zeitraum von vier Wochen) durchgeführt worden war, analysierte EF Englishtown Ende November die Daten.
Das Ergebnis bestätigt mich: Vor allem in der Werbung gibt es Werbesprüche, die sich zu stark an den englischen Sprachgebrauch anlehnen. Douglas ist mit dem englischen Werbespruch „Come in and find out" beim deutschsprachigen Publikum nicht gut angekommen, zahlreiche Fehlübersetzungen waren die Folge.
Englische Werbeslogans sind vor allem in der Automobilindustrie sehr beliebt (siehe mein Beitrag „bescheuerte Claims"), werden jedoch von jedem Vierten nicht richtig verstanden, wie dieses Beispiel verdeutlicht:
Die gesamten Ergebnisse finden Sie hier.
Fazit
Schonungslos enthüllt diese aktuelle Untersuchung das Problem: Wir gewöhnen uns schleichend eine Sprache an, mit der wir uns nicht mehr verstehen! Persönlich werde ich in Zukunft noch mehr darauf achten, auf Anglizismen zu verzichten und eine klare verständliche Kommunikation zu pflegen. Mit weiteren Beispielen in meiner Reihe „bescheuerte Claims" werde ich ebenfalls am Ball bleiben und für Sie die übelsten Entgleisungen genüsslich aufbereiten. Freuen Sie sich darauf und – stay tuned! ;-)
- Tags: Anglizismen Denglisch Marketing