Nutzung Ihres Adressbestandes – schützen Sie sich vor Abmahnungen und drastischen Geldbußen!
Ab 01. September 2012 müssen Ihre Kundendaten absolut "clean" sein.
Bereits zum 01. Sept. 2009 wurde das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) im Hinblick auf die Speicherung und werbliche Nutzung von Adressdaten erheblich verschärft. Dies geschah allerdings ohne große öffentliche Aufregung, denn es wurde eine Übergangsfrist bis zum 31.08.2012 beschlossen. Der Ablauf dieser Frist erwischt nun die meisten Unternehmen völlig unvorbereitet.
Jetzt wird es wirklich ernst!
Sie als werbetreibendes Unternehmen benötigen nun für jeden einzelnen Eintrag in Ihrer Adress-Datenbank die ausdrückliche Einwilligung des betreffenden Kunden oder Kontaktes, dass dieser mit der Speicherung und werblichen Verwendung seiner Daten einverstanden ist. Aber damit nicht genug: Jeder einzelne Kundendatensatz muss so protokolliert sein, dass die schriftliche Zustimmung des Dateninhabers jederzeit klar ersichtlich ist – und, dass der Betroffene jederzeit Einsicht nehmen und ggfs. seiner Einverständniserklärung widersprechen kann.
Streng genommen benötigen Sie sogar drei verschiedene Einverständniserklärungen:
1.) für die Datenspeicherung als solche
2.) für die Nutzung dieser Daten zu Werbezwecken
3.) für die mediale Ansprache per E-Mail, Telefon, Telefax, Brief, SMS usw.
Mögliche Konsequenzen bei Missachtung
Ein Blick auf die Bußgeldvorschriften gemäß § 43 BSDG schreckt durchaus ab. Demnach stehen Geldbußen bis zu Euro 300.000,- bei sog. vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiderhandlung im Raum. Die Gefahr ist wirklich groß, denn es kann nicht nur der in seiner "informationellen Selbstbestimmung Geschädigte" Ansprüche gegen Sie geltend machen, sondern rein theoretisch auch jeder Mitbewerber oder Verbände, wie z.B. Wettbewerbszentralen.
Gemäß dem Schiller-Zitat "Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem Nachbarn nicht gefällt!" sind höchste Vorsicht und wasserdichte Prävention das Gebot der Stunde.
Ausnahmen / unkritische Daten
Das Speichern von Kontakten kann auch weiterhin grundsätzlich ohne ausdrückliche Einwilligung möglich sein, wenn es sich dabei um
1.) listenmäßig zusammengefasste Daten über spezielle Berufs-, Branchen- oder Personengruppen handelt, die aus frei zugänglichen Quellen, wie aus Telefonbüchern oder Branchenverzeichnissen zusammengetragen wurden. Hier dürfen alle Informationen, wie z.B. Berufs- oder Branchenbezeichnung, Firmierung, Name, Titel, akademischer Grad, Adresse und Geburtsdatum festgehalten werden.
oder
2.) die Daten von Bestandskunden handelt. Nicht unter dieses sog. Listendatenprivileg fallen: E-Mail-Adressen und Telefon- bzw. Telefaxnummern.
Was müssen Sie konkret tun?
Machen Sie aus der Not eine Tugend und kommunizieren Sie! Natürlich macht es wenig Sinn, nun jeden Kunden oder Kontakt einzeln mit den drei Fragestellungen anzuschreiben: "Dürfen wir Ihre Daten speichern, dürfen wir Ihnen Werbung schicken und wie hätten Sie unsere Werbung denn gerne?"
Die Resonanz wäre sicher miserabel. Jetzt sind schnell greifende interaktive Ansätze und intelligente Kommunikationsstrategien auf allen Kanälen gefragt, die für Sie eine maximale Erfolgsquote sichern. Dies sollten Sie bis September als vordringliche Aufgabe für Marketing, Vertrieb und Kommunikation definieren. Also: In jedem Newsletter, Kundenanschreiben, Angebot, Ihrer E-Mail-Signatur, bei jedem Telefonat oder Kundenbesuch ... müssen Sie charmant, aber bestimmt auf die notwendige Einverständniserklärung hinweisen. Machen Sie eine Kundenbefragung, Gewinnspiele, Kunden-werben-Kunden-Programme und Social-Media-Initiativen zu diesem Thema – nutzen Sie unbedingt die verbleibende Zeit so effektiv wie möglich!
Wir machen das natürlich auch, genau hier, indem wir Sie bitten, uns Ihre Einverständniserklärungen über unser eigens dafür eingerichtetes Webformular ganz bequem zu übermitteln. Bitte machen Sie davon Gebrauch, denn sonst dürfen wir Sie ab September nicht mehr direkt über so wichtige Themen wie dieses informieren! Damit wir die gesetzlichen Vorschriften lückenlos erfüllen, erhalten Sie eine Bestätigung Ihrer persönlichen Einverständniserklärung per Post.
Gerne unterstützen wir auch Sie bei den nun anstehenden Kommunikationsaufgaben.
Vertiefende juristische Informationen aus erster Hand
Um Ihnen hier – vor diesem auch juristisch brisanten Hintergrund – absolut zuverlässige Informationen bieten zu können, freuen wir uns, Ihnen nachfolgend die Bewertung dieser Angelegenheit durch unseren kompetenten IBWF-Netzwerkpartner Boris Diem, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz bei GOLLHOFER WEIDLICH LESER, Mannheim, anbieten zu können. Bei weiter reichenden Fragen raten wir Ihnen, diesen kompetenten Fachmann und seine Kanzlei zu Rate zu ziehen.
Ausführliches Statement von Boris Diem, GOLLHOFER WEIDLICH LESER
Sehr geehrter Herr Vögele,
gerne möchten wir Ihnen und Ihren Kunden die Änderungen im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Werbung und Datenschutz erläutern:
1.
Zunächst ist zu beachten, dass bei der Verbreitung von Werbung stets die Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) eingehalten werden müssen: Denn nach § 4 Abs. 1 BDSG sind die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit das BDSG selbst oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet oder der Betroffene eingewilligt hat. Eine Verletzung des § 4 Abs. 1 BDSG stellt einen wettbewerbswidrigen Rechtsbruch nach § 4 Nr. 11 UWG dar, der abmahnfähig ist (OLG Köln, Urteil vom 14.08.2009, BeckRS 2009, 24131). Daher kann sich nicht nur diejenige Person, deren Daten im Rahmen von Werbung unzulässigerweise verwandt werden, aus ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegen die Verwendung der Daten wehren. Vielmehr können auch Mitbewerber oder Verbände wie z.B. die Zentrale gegen Wettbewerbsverletzungen hiergegen vorgehen. Dies ist umso problematischer, als sich einstweilige Verfügungen oder Klagen von Mitbewerbern bzw. solcher Verbände generell gegen die unzulässige Verwendung von Daten zu Werbezwecken wenden würden.
Die Änderungen zum 01.09.2012
2.
Das Bundesdatenschutzgesetz wurde bereits mit Wirkung zum 01.09.2009 u.a. in den für die Werbewirtschaft relevanten §§ 28, 29 geändert. Allerdings ist die Altregelung des § 28 BDSG nach der Übergangsregelung des § 47 Nr. 2 BDSG für Zwecke der Werbung noch bis zum 31.08.2012 anzuwenden. Dies gilt aber nur für die Verarbeitung und Nutzung von Daten, die vor dem 01.09.2009 erhoben oder gespeichert wurden. Alle Daten, die erst ab diesem Stichtag für Werbezwecke verwandt werden, unterliegen schon seit der Gesetzesänderung den neuen, strengeren Anforderungen. Insoweit gilt auch jetzt schon die in § 43 BDSG geregelte Geldbuße von maximal EUR 300.000,-.
Dies bedeutet, dass ab dem 01.09.2012 auch diejenigen Daten, die schon vor dem 01.09.2009 erhoben oder gespeichert wurden, nur noch dann für Werbezwecke verwendet werden dürfen, wenn die Voraussetzungen des § 28 BDSG neue Fassung vorliegen.
Was bedeutet dies nun für Sie und Ihre Kunden?
Die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke ist in § 28 Abs. 3 BDSG geregelt.
Sie ist zulässig
- wenn und soweit der Betroffene, also diejenige Person, deren Daten verwandt werden soll, eingewilligt hat und weitere noch zu beschreibende Voraussetzungen vorliegen (siehe sogleich unter a.) oder
- wenn und soweit es um listenmäßig oder sonst zusammengefasste Daten über Angehörige einer Personengruppe handelt und zahlreiche weitere Voraussetzungen vorliegen (vgl. unter b.).
a.
Der Betroffene kann zwar formlos, also z.B. auch mündlich, in die Verwendung seiner Daten für Werbung einwilligen. Allerdings gilt für den Fall einer Einwilligung, die nicht schriftlich erteilt wird, die Sondervorschrift des § 28 Abs. 3a BDSG: Dem Betroffenen muss dann der Inhalt seiner Einwilligung schriftlich bestätigt werden, es sei denn, dass die Einwilligung elektronisch erklärt wird und sicherstellt wird, dass die Einwilligung protokolliert wird und der Betroffene deren Inhalt jederzeit abrufen und die Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann. Eine schriftliche Einwilligung liegt nicht in einem Telefax oder einer E-Mail, vielmehr muss sie in einem Brief erteilt werden. Dasselbe gilt für die schriftliche Bestätigung einer nichtschriftlich erteilten Einwilligung. In jedem Falle wird hierdurch ein erheblicher Verwaltungsaufwand auf Seiten des Werbetreibenden ausgelöst.
b.
Es stellt sich daher die Frage, ob nicht die Alternativen des § 28 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 u. 2 BDSG einen Ausweg bieten, wenn die schriftliche Einholung bzw. Bestätigung der Einwilligung der Werbeadressaten oder die Vorgehensweise nach § 28 Abs. 3a BDSG nicht praktikabel sind:
Nach diesen Vorschriften ist Briefwerbung für eigene oder gegebenenfalls in Form der Beipack- oder Empfehlungswerbung für fremde Ziele ohne Einwilligung des Adressaten zulässig, wenn
- sie sich an Bestandskunden des Werbenden richtet oder
- die Adressen aus allgemein zugänglichen Verzeichnissen (z.B. Telefon- oder Adressbüchern oder von allgemein zugänglichen Websites) stammen.
Diese beiden Varianten gelten für Verbraucher und Unternehmer als Adressaten der Werbung.
Berufsbezogene Werbung (also Werbung im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit und unter der beruflichen Anschrift des Adressaten) ist darüber hinaus auch ohne Einwilligung zulässig, wenn dabei listenmäßig oder sonst zusammengefasste Daten über Angehörige einer Personengruppe benutzt werden, die sich auf die Zugehörigkeit des Adressaten zu der Personengruppe, seine Berufs-, Branchen- oder Geschäftsbezeichnung, seinen Namen, Titel, akademischen Grad, seine Anschrift und sein Geburtsjahr beschränken. Hierbei handelt es sich also in der Regel um Daten, die von Adresshändlern bezogen werden.
Die grundsätzliche Beschränkung auf Briefwerbung ergibt sich aus § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG (unzumutbare Belästigungen): Denn danach ist Werbung unter Verwendung eines Faxgerätes oder elektronischer Post (E-Mail) sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Unternehmern nur zulässig, wenn eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt. Dies gilt im Übrigen auch für Werbung z.B. per SMS. Es genügt also nicht, dass mit dem Adressaten bereits eine Geschäftsverbindung besteht, dass dieser bisher Telefax- und E-Mail-Werbung nicht widersprochen hat oder dass er seine E-Mail-Adresse oder seine Faxnummer im Rahmen eines Gewinnspiels o.Ä. mitgeteilt hat.
Für E-Mails gibt es eine Ausnahme von diesem Verbot: Nach § 7 Abs. 3 UWG ist eine unzumutbare Belästigung nicht anzunehmen, wenn
- ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
- der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
- der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
- der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.
3.
Zu beachten ist weiter, dass durch die Verwendung von Daten zu Werbezwecken nie schutzwürdige Interessen des Adressaten verletzt werden dürfen. Daher ist immer und bei jeder Form von Werbung ein etwaiger Widerspruch des Adressaten zu beachten, der im Übrigen auch formlos erteilt werden kann (vgl. § 28 Abs. 4 BDSG). Unternehmen, die Direktwerbung betreiben wollen, müssen also darauf achten, dass die Datenbanken unter Berücksichtigung von z.B. auch telefonisch erteilten Widersprüchen bereinigt bzw. geführt werden.
4. Zusammenfassung
- Werbung ist per Telefax stets und per Telefon in aller Regel ohne vorherige Einwilligung des Adressaten unabhängig von den datenschutzrechtlichen Vorschriften schon wettbewerbsrechtlich unzulässig.
- E-Mail-Werbung kann unter den besonderen unter Ziff. 2 b. am Ende dargestellten Voraussetzungen ohne vorherige Einwilligung des Adressaten sowohl datenschutz- als auch wettbewerbsrechtlich zulässig sein.
- Werbung per Brief ist ohne Einwilligung zulässig in Bezug auf Bestandskunden oder Adressaten (jeweils privat oder gewerblich), deren Daten aus öffentlich zugänglichen Verzeichnissen stammen, sowie an gewerbliche Adressaten, deren Daten zulässigerweise von Adresshändlern zusammengestellt wurden.
Die sicherste Variante stellt natürlich die ordnungsgemäß eingeholte (siehe Ziff. 2 a.) Einwilligung des Adressaten dar. Dabei muss der Adressat darauf hingewiesen werden, dass seine Daten zu Werbezwecken gespeichert und verwendet werden, und es muss sich seine Einwilligung konkret auf die Arten der Werbung (Brief, E-Mail, Telefax, Telefon usw.) beziehen.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Boris Diem
Rechtsanwalt und Fachanwalt
für gewerblichen Rechtsschutz
GOLLHOFER WEIDLICH LESER
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68165 Mannheim
Tel.:+49 621 41 70 48
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