Soll man Weiterempfehlungen geldwert belohnen?
Empfehler sind der beste Weg zu neuen Kunden. Denn empfohlenes Geschäft ist quasi schon vorverkauft. Empfehlungen öffnen nicht nur Türen, sondern auch Portemonnaies. Doch sollte man den Empfehler für seine Arbeit bezahlen?
In Sales & Marketing stellt sich sehr oft die Frage, ob man für Empfehlungen Geld anbieten soll, um damit den Tatendrang Dritter zu schüren. Meine Antwort darauf ist klar: Der wahre Erfolg des Weiterempfehlens basiert auf Freiwilligkeit. Echte Empfehler sind Überzeugungstäter. Wer mit Geldscheinen winkt, lockt meist die Falschen an.
Betrachten wir auch, wie der Empfehlungsempfänger auf einen bezahlten Tipp reagiert. Erfährt dieser nämlich, dass Geld geflossen ist, können darunter Glaubwürdigkeit und Vertrauen leiden. Dies schärft den kritischen Blick, die Sache wird intensiver geprüft und unter die Lupe genommen. Man entwickelt Vorbehalte und folgt dem nicht ganz uneigennützigen Rat am Ende dann doch lieber nicht. Die größten Vorteile des Weiterempfehlens sind somit dahin.
Wollen Empfehler überhaupt Geld?
Bares wollen die meisten Empfehler jedenfalls nicht. Sie wollen Erlebnisse, Prestige, Aufmerksamkeit, Einfluss, Verbundenheit, kleine Geschenke, eine Geste des Danks. All diese nicht ganz uneigennützigen Motive haben mit schnödem Mammon wenig zu tun.
Im Rahmen einer Online-Umfrage hat sich Spreadly, der Social Sharing Button Service, unter anderem mit folgender Frage beschäftigt: „Wie möchten Sie für fundierte Empfehlungen belohnt werden wollen?" Die 230 Teilnehmer antworteten wie folgt:
54 %: Gar nicht. Ich fühle mich sonst nicht frei in meinen Empfehlungen.
21 %: mit dem Status Influencer/Meinungsmacher in meinem Profil.
13 %: mit attraktiven Geschenken.
8 %: mit konkreten geldwerten Vorteilen.
5 %: Ich sehe mich als Verkaufsförderer und möchte am Umsatz beteiligt werden.
Eine Untersuchung der Defacto GmbH kam zu einem ähnlichen Schluss. Die Top-Ambassadors eines Versicherungsunternehmens waren nicht ausschließlich auf finanzielle Anreize im Gegenzug für eine Empfehlung aus, sie hatten vielmehr ganz andere Favoriten: exklusive Events, Reisegutscheine und Wohltätigkeitsspenden. Die am häufigsten genannten Argumente? Sie klangen so: „Ich möchte kein Verkäufer von ... sein." Oder so: „Ich möchte eher freiwillig und ungezwungen empfehlen."
Kunden-werben-Kunden-Programme funktionieren nur selten
Dennoch gibt es reichlich geldwert belohnte Kunden-werben-Kunden-Aktionen. Ganz grundsätzlich muss entschieden werden, ob nur Kunden oder auch Nichtkunden teilnehmen können. Bei Cash-Provisionen ist sodann zu überlegen, ob und in welcher Höhe der Betrag zwischen Empfehlungsgeber und -empfänger aufgeteilt wird. Monetäre Anreize werden am besten gestaffelt, das heißt, je mehr Empfehlungen ausgesprochen werden, desto höher sollte die Belohnung dann sein.
Natürlich können auch Sachprämien, Rückvergütungen, Bonus- oder Rabattpunkte sowie Warengutscheine oder Wertcoupons ausgelobt werden. Diese sollen aber nicht dem Anbieter selbst gefallen, sondern für die Zielpersonen nützlich sein. Punktesysteme sprechen die Sammlerseele an. Bei Gutscheinen ergibt sich der Effekt des Mehrkaufs am Einlösungsort – und ein Nullaufwand, wenn der Gutschein verfällt. Egal, wie man sein Programm am Ende gestaltet: Es muss einfach zu verstehen und einfach umzusetzen sein, sonst lässt die Lust am belohnten Empfehlen schnell nach.
Bezahltes Weiterempfehlen ist zweite Wahl
Auch online gibt es jede Menge Programme, die Empfehler für ihre Arbeit belohnen. Doch egal, wie Sie's drehen und wenden, bezahltes Weiterempfehlen ist immer nur zweite Wahl. Die freiwillig und uneigennützig ausgesprochenen Tipps sind die besten. Diese dann im Nachhinein zu belohnen, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Dazu rate ich sehr, denn ein überraschendes Danke-Geschenk kommt immer gut an.
Zu aufwendig, das Ganze? Dann überlegen Sie mal, wie teuer und beschwerlich die „kalte“ Neukundengewinnung ist. Jede Empfehlung, die in einen Kauf mündet, ist darüber hinaus gespartes Werbegeld, und da sollte man dann am Ende nicht knausrig sein. Geben Sie Ihrem Empfehler also, wenn irgend möglich, eine Rückmeldung darüber, was aus seiner Empfehlung geworden ist: unverzüglich und überschwänglich, vorzugsweise telefonisch oder besser noch persönlich.
Wertschätzen Sie dabei die Person, die Sie durch ihn kennengelernt haben. Das kann sich in etwa so anhören: „Ich muss schon sagen, Sie kennen wirklich interessante / einflussreiche / angenehme Leute." Und bedanken Sie sich. Hierzu können Sie den Empfehler beispielsweise zum Essen einladen, ihm einen Erlebnisgutschein senden, beim nächsten Kauf eine individuelle Überraschung bereithalten oder ihn im Online-Shop etwas aussuchen lassen.
Legen Sie sich eine Empfehler-Schublade zu
Da, wo es passt: Legen Sie sich eine kleine Empfehler-Schublade mit Präsenten zur Auswahl an. Erstens können Sie die Kunden auf diese Art zu sich locken – und mit etwas Glück aus lauter Dankbarkeit weitere Empfehlungen oder sogar einen neuen Auftrag ergattern. Zweitens schätzen die Menschen es sehr, wenn sie wählen können. Zwangsbeglückung hingegen mögen wir nicht. Gehen Sie deshalb auch nie von Ihren eigenen Vorlieben aus. Versetzen Sie sich besser in die Lage des Kunden. So kann Ihre Danke-Aktion dann zum Volltreffer werden.
Wenn Sie etwas versenden: Überlegen Sie, wie Sie gleichzeitig auch im Umfeld des Empfängers für Gesprächsstoff sorgen können, sodass Sie und Ihr Thema Wellen schlagen. Schicken Sie also zum Beispiel für einen Tipp, der zu einem größeren Auftrag führte, die XXL-Torte eines Nobelkonditors per Expressdienst an den Arbeitsplatz des Empfehlers. So kommen Sie vollautomatisch bei all denen ins Gespräch, mit denen der Beschenkte die süße Bescherung dann teilt. Verschenken Sie hingegen eine Flasche Wein, so berührt das höchstens noch den, mit dem man diese zusammen verkostet.
Empfehler in der Datenbank markieren
Zum Schluss noch ein wichtiger Tipp: Legen Sie in Ihrer Kundendatenbank eine Extrarubrik für das Thema Empfehlungen an. Markieren Sie darin gut sichtbar jeden Kunden, den Sie durch eine Empfehlung gewonnen haben. Markieren Sie ebenfalls, wer Sie bereits wie oft empfohlen hat. Notieren Sie darüber hinaus das Geschenk, das dieser Empfehler dafür erhielt, und wie ihm dieses gefiel.
Das System enthält aber nicht nur die Daten und Fakten, die zu den von Ihnen identifizierten Empfehlern gehören, sondern auch die so wichtigen emotionalen Details. Gerade das Wissen um kleine Schrullen, geliebte Hobbys und familiäre Besonderheiten kann für den entscheidenden Anknüpfungspunkt sorgen, aus dem sich neue Empfehlungsmöglichkeiten ergeben.
Das Buch zum Thema
Anne M. Schüller:
Das neue Empfehlungsmarketing
Durch Mundpropaganda und Weiterempfehlungen neue Kunden gewinnen
BusinessVillage 2015; 300 Seiten; 29,80 Euro
ISBN: 978-3-86980-312-9