Regionalität – das neue Zauberwort des Genusses
Essen und Trinken sind die ältesten kulturellen Handlungen des Menschen. Esskultur spiegelt den Wertewandel einer Gesellschaft und deren sozialer Gruppen wieder, wie kaum eine andere Kultur. „Du bist, was du isst“, dieser Spruch trifft in aller Knappheit.
In niedrigen sozialen Schichten gibt es mehr Übergewichtige und die Lebenserwartung sinkt. Erschreckend belegt das eine Studie des Robert-Koch-Instituts: an Diabetes Typ 2 waren im Jahr 2006 4,2 % der Oberschicht, 6,8 % der Mittelschicht und 11,5 % der Unterschicht erkrankt. Das hat neben anderen ungesunden Verhaltensweisen, wie Rauchen, hoher Alkoholkonsum und mangelnde Bewegung, eben auch mit den Ernährungsgewohnheiten zu tun.
Aufgeklärte Genussmenschen machen sich Gedanken über ihre Ernährung. Der Trend in der Topgastronomie und beim privaten Konsum geht die letzten Jahre stark in Richtung Regionalität. Das ist die logische Weiterentwicklung des Bio-Trends, denn ist ein Bioprodukt aus Hunderten oder gar Tausenden von Kilometern entfernten Anbauzonen wirklich ökologisch sinnvoll und nachhaltig? Wohl eher nicht.
Angekommen ist dieser Trend längst auch in Gourmetkreisen. Die Zeitschrift „Restaurant Magazin“ würdigte das Kopenhagener Restaurant "Noma" bereits wiederholt mit dem Titel „bestes Restaurant der Welt“. Bemerkenswert daran ist, dass im Noma vorwiegend regionale und saisonale Lebensmittel gereicht werden.
Solche Restaurants finden sich auch in Deutschland häufig, unter den „Restaurant Magazin Top-50-Restaurants weltweit" sind auch zwei aus Deutschland, die mit ähnlichen Prinzipien erfolgreich arbeiten wie das Noma.
Eines dieser innovativen regionalen Restaurants ist das „Essigbrätlein“ in Nürnberg. Interessierte können in meinem Blog detailliert über den Besuch dort nachlesen.
Dieser Trend wirkt sich natürlich auch auf den Weinkonsum aus. Speisen und Weine aus derselben Region harmonieren in der Regel sehr gut. Daher sind Weine aus Deutschland und Österreich seit einigen Jahren die Wachstumsregionen im Weinfachhandel. In vielen Restaurants der „jungen wilden Köche“ haben sie französische und italienische Gewächse von den Weinkarten verdrängt, weil ihre Qualität seit Jahren herausragend ist und sie mit dem modernen Stil der leichten Küche eine perfekte Einheit bilden.
Natürlich ist dieser Entwicklung ein Stil- und Qualitätswandel vorangegangen, der auch international bemerkt wurde. Während in Österreich der hochwertige trockene Weißwein eine lange Tradition hat, hat diese Entwicklung in Deutschland erst in den letzten zwei Jahrzehnten richtig Fahrt aufgenommen. Eine große Bedeutung kommt dabei der Einführung der sogenannten großen Gewächse zu, welche die Qualität deutscher Spitzenlagen in neue Sphären geführt hat und auch ein international übliches Preisniveau dafür etabliert hat, das die Erzeugung dieser Spitzenweine erst rentabel macht.
Aber nicht nur beim Weißwein, auch beim Rotwein ist ein Quantensprung passiert. Deutsche Spätburgunder lehren die internationale Konkurrenz inzwischen das Fürchten. In einer Aufsehen erregenden Probe im Oktober 2011, wurden in London 40 Pinot Noirs (= Spätburgunder) aus 10 Nationen verdeckt verkostet. In den Top 10 platzierten sich sieben Weine aus Deutschland!
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